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Shownotes

Wieviel Trauer können wir Kindern zumuten? Halten Kinder den Tod und das Sterben aus? Wieso sind bei Kindern gar keine Anzeichen von Trauer zu erkennen?
Sterben und Trauer sind Tabuthemen in unserer Gesellschaft – und das beginnt schon damit, dass wir Kindern von diesen Themen fern halten möchten. Dabei lernen sie am Modell, also am Vorbild der Eltern bzw. Großeltern! Dies ist die erste Episode einer Doppelfolge. Ich erkläre Dir, wie Kinder in unterschiedlichen Altersgruppen trauern und was für sie wichtig ist, um stabil durch eine traurige Lebensphase zu kommen.

Die Buchempfehlungen, von denen ich spreche:
Ralph Caspers: Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben? (Lübbe Verlag)
Mechthild Schroeter-Rupieper: Für immer anders (Patmos Verlag)

Wenn Dir gefällt, was Du hier hörst, kannst Du weitere Impulse in meinem Buch „Mit der Trauer leben lernen“ nachlesen, das im Junfermann Verlag erschienen ist. Hier kannst Du es versandkostenfrei vorbestellen (das ist ein Affiliate Link, d.h. wenn Du diesen Link benutzt, profitiere ich ein bisschen davon, ohne dass es für Dich teurer wird):
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Transkript

Dies ist die erste Folge einer Doppelfolge zum Thema Trauern mit Kindern. Es geht hier erst einmal darum, wie Kinder überhaupt trauern. Dazu sortiere ich nach verschiedenen Altersgruppen. In der nächsten Episode wird es dann um ganz praktische Tipps geben, wie Du Deine Kinder oder Enkelkinder oder die Kinder bzw. Enkelkinder Deiner Freunde unterstützen kannst.

Was mir sehr häufig begegnet: Menschen sind verunsichert, ob sie Kinder bspw. mit zur Beerdigung oder zu einer Abschiednahme am offenen Sarg mitnehmen sollen. Bereits hier darfst Du eine neue Perspektive einnehmen: es geht nicht darum, etwas den Kindern zuzumuten, sondern es geht darum, es ihnen zuzutrauen! Kinder haben eine ganz natürliche Gabe, jeweils ihrem Alter gemäß, ganz natürlich mit dem Sterben und der Trauer umzugehen. Per se können sie das oft sehr viel intuitiver als wir Erwachsene, die wir so oft unseren Verstand einschalten und uns bestimmte Dinge oder Fragen verbieten. Zudem lernen sie am besten am Modell, d.h. sie lernen an der Art und Weise, wie Du als Mutter oder Vater oder Oma oder Opa mit dem Verlust umgehst.

Kinder begegnen dem Tod und dem Abschiednehmen auf ganz vielfältig Weise – nicht nur dann, wenn der Opa oder die Oma im Sterben liegt. Sie sehen einen toten Vogel am Straßenrand, sie laufen am Schaufenster eines Bestattungsinstituts vorbei und sehen dort Urnen, sie erleben, dass Eltern sich trennen – auch das ist ein Verlust, der Trauer nach sich zieht, oder sie erleben einen Umzug in eine andere Stadt, sie verlieren ihre Heimat und ihre freundschaftlichen Beziehungen. Kinder, die vom Kindergarten in die Grundschule und später in die weiterführende Schule wechseln, erleben Abschiede und Neubeginne. Und Kinder erleben, dass Oma ganz traurig wird oder weint, wenn sie von ihrem verstorbenen Mann erzählt. So gibt es also ganz viele Anlässe im alltäglichen Leben, lange bevor der Tod, vielleicht manchmal auf tragische Weise bspw. durch den Tod eines Geschwisters oder Elternteils, ins Leben kommt. Zu diesen alltäglichen Anlässen kannst Du bereits mit Deinen Kindern ins Gespräch kommen. Nach meiner Erfahrung haben solche Gespräche oft einen sehr philosophischen Charakter und es macht sehr viel Freude, sich mit Kindern über den Tod, über das Abschiednehmen und Traurigsein zu unterhalten.

Schauen wir uns nun die verschiedenen Altersgruppen an. Bis ungefähr zum 4. Lebensjahr ist der Begriff Tod völlig abstrakt und für Kinder nicht nachvollziehbar, was tot sein heißt. Daher fragen sie z.B., wann die Oma, die gerade verstorben ist, wieder Kuchen für sie backt. In dieser Lebensphase brauchen Kinder feste, verlässliche Bezugspersonen und viel emotionale Zuwendung und körperliche Nähe. Vielleicht könnt ihr auf dem Sofa kuschelnd Fotos des Verstorbenen anschauen. Ganz häufig meinen Menschen, dass Kinder in diesem Alter noch zu klein sind, um zu verstehen und dass sie deshalb „sowieso nichts mitbekommen“. Das ist ein Irrglaube! Denn Kinder in diesem Alter spüren die Emotion, dass es Papa oder Mama nicht gut geht, können dies jedoch noch nicht verbalisieren. Daher ist es so wichtig, das Kind auf den Schoß zu nehmen und die eigenen Tränen zu zeigen. Wenn Du Dich zum Weinen zurückziehst, nimmst Du dem Kind die Chance, eine kongruente Handlung zu erleben. Es spürt, dass Du traurig bist, sieht es aber nicht. Das passt für das Kind nicht zueinander und genau das spüren sie.

Die Altersgruppe der Vorschulkinder beginnt, sehr wissbegierig zu sein. Sie sammeln Informationen und setzen sie wie Puzzlestücke zusammen. So entstehen Fragen wie „Sag mal, Mama, liegen da eigentlich lauter Skelette auf dem Friedhof?“. Kindern in diesem Alter gegenüber solltest Du bereits eine klare Sprache verwenden. Sage nicht „Die Oma ist eingeschlafen.“, sondern sie ist „gestorben“. Sie ist auch nicht „über die Regenbogenbrücke gegangen“, sondern sie ist „gestorben“. Genauso sollte es keine Geheimnisse geben. Der Papa fährt nicht ins Krankenhaus, weil es dem Opa dort so gut geht, sondern weil der Opa sehr schwer krank ist.

Grundschulkinder haben ein ganz sachliches Interesse am Thema. Da ist von Interesse, ob Menschen im Grab frieren, oder ob da unten Würmer sind. In diesem Alter entwickeln sie auch ein Verständnis für den Unterschied zwischen Körper, Geist und Seele. Sie fragen sich, ob die Seele noch da ist, wenn Oma gestorben ist. Lasse am besten alle Gedanken und alle Fragen zu – es ist ja ein großes Vertrauen, wenn Kinder ihre Gedanken offen äußern. Und nimm‘ auch ihre Ängste ernst, wenn sie z.B. sich Sorgen machen, ob auch ihre Erkältung tödlich enden könnte. Gleichzeitig gestehe Deinem Kind trauerfreie Räume zu. Sport oder Schule können solche Bereiche sein, wo die Trauer eben keinen Platz hat und das ist auch gut so.

Die Altersgruppe der 10- bis 12-jährigen beschäftigt Themen, wie Sinn und Gerechtigkeit. Sie fragen daher, ob es nicht wahnsinnig unfair ist, dass ihre Mama im Sterben liegt, oder dass ihre Schwester so schwer krank ist. Manchmal sind es auch ganz konkrete Konsequenzen, die Kinder dann spüren: wer bringt sie künftig zum Reiten oder wer sorgt für das Essen auf dem Tisch? Auch da ist es ganz wichtig, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, und andererseits diesen heranwachsenden Kindern auch zuzugestehen, dass sie sich mit anderen Menschen als den Eltern dazu austauschen.

Abschließend noch ein Wort zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen: in ihre Welt passt der Tod natürlich überhaupt nicht. Sie möchten nach vorne leben, die Welt entdecken – da ist kein Platz für Sterben und Trauer. Gleichermaßen beschäftigt es sie – und so gibt es oft eine große Diskrepanz zwischen dem, was Jugendliche nach außen zeigen, nämlich oft eine eher coole, entspannte Schale, und was innen tatsächlich bei ihnen los ist. Jugendliche machen sehr viel mit sich selbst aus. Und dennoch ist es wichtig, ihnen immer wieder Gesprächsangebote zu machen, ggf. auch außerhalb der Familie, z.B. in Trauergruppen für speziell diese Altersgruppe.

Jugendliche können natürlich auch schon viel mehr in Entscheidungsprozesse rund um die Beisetzung eingebunden werden, z.B. wenn es um die Grabauswahl oder die Gestaltung der Trauerfeier geht.

Zwei Bücher kann ich Dir zu diesem Thema empfehlen:

  • Ralph Caspers – Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben
  • Mechthild Schroeter-Rupieper – Für immer anders. Das Hausbuch für Familien in der Trauer und des Abschieds.